Schutz für Mitarbeitende und MaterialflüsseAutorin Brandschutz in der Intralogistik: Michel Stracabosko-Dvorski, Einsatzleitung Werk- und Objektschutz bei SSB – Sicherheit, Service, Beratung GmbH


Großbrände wie zuletzt in Hamburg-Veddel zeigen, wie schnell ein Feuer außer Kontrolle geraten kann: Ein einziges brennendes Fahrzeug führte zur Explosion mehrerer Druckgasbehälter und setzte angrenzende Hallen in Flammen. Für die Intralogistik ist das ein warnendes Beispiel – denn hier treffen enge Materialflüsse, automatisierte Technik und große Warenmengen aufeinander. Schon kleine Funken können gravierende Folgen haben. Bauliche Vorgaben allein reichen nicht aus. Ebenso wichtig sind klare Abläufe, regelmäßige Unterweisungen und der sichere Umgang mit Gefahrstoffen. In der Praxis wird die Brandschutzordnung jedoch häufig vernachlässigt, da die Erstellung passender Maßnahmen und die Schulung der Mitarbeitenden als aufwendig gelten. Allerdings ist gerade in der Intralogistik ein strukturiertes Brandschutzkonzept unverzichtbar. Nicht nur verhindert es lange Stillstände und sorgt dafür, dass Prozesse nach einem Feuerfall schnell wieder anlaufen, sondern es schützt auch Mitarbeitende. Brandprävention ist somit nicht nur eine Frage der Sicherheit, sondern entscheidend für reibungslose Materialflüsse und stabile Lieferketten.
Rechtliche Vorgaben und Pflichten
Intralogistik ist geprägt von dynamischen Prozessen: Waren werden bewegt, kommissioniert, verpackt und für den Weitertransport vorbereitet. In Hallen, Distributionszentren oder Umschlaglagern treffen dabei große Mengen an Gütern, brennbare Verpackungsmaterialien und auch Gefahrstoffe aufeinander. Diese Kombination, verbunden mit zeitgleichen Prozessen und dicht getakteten Arbeitsabläufen, erhöht das Risiko, dass sich ein Feuer schnell und unkontrolliert ausbreitet. Deshalb ist ein durchdachtes Brandschutzkonzept unverzichtbar. Zwar gibt es bundesweit keine einheitliche Pflicht zur Erstellung einer entsprechenden Ordnung, doch aus bestehenden Regelwerken ergibt sich eine klare Verantwortung: Je nach Bundesland müssen besonders gefährdete Betriebe entsprechend der Bauvorschriften eine Brandschutzordnung vorweisen, die mit den zuständigen Behörden abgestimmt sein muss. Darüber hinaus verpflichtet das Arbeitsschutzrecht Unternehmen, ihre Beschäftigten auf Notfälle vorzubereiten. Paragraf 10 des Arbeitsschutzgesetzes verlangt klare Informationen und Abläufe für den Notfall, ergänzt durch die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und die Technische Regel ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“. Hinzu kommen Vorgaben der Berufsgenossenschaften – von der Gefährdungsbeurteilung über die Organisation der Feuerprävention bis zur regelmäßigen Unterweisung aller Mitarbeitenden.
Präventionsmaßnahmen für Lagerflächen
Gerade in intralogistischen Umgebungen, wie Distributionszentren, Cross-Dock-Anlagen oder automatisierten Warehouses sind die Anforderungen besonders hoch. Große Flächen mit hohem Feuerpotenzial, komplexe Verkehrs- und Fluchtwege sowie empfindliche technische Systeme verlangen nach Regelwerken, die über gesetzliche Mindeststandards hinausgehen. Damit im Ernstfall jeder Handgriff sitzt, braucht es klare Strukturen. Eine Brandschutzordnung kann dabei eine Schlüsselrolle spielen. Sie gibt allen Beteiligten Orientierung: Flucht- und Meldewege müssen bekannt sein, Feuerlöscher sicher bedient werden können und das Verhalten im Ernstfall muss klar geregelt sein. So lässt sich sicherstellen, dass Menschenleben geschützt und Schäden begrenzt werden. Typische Schwachstellen sind etwa zugestellte Fluchtwege, falsch platzierte oder nicht gewartete Feuerlöscher, unleserliche Beschilderungen oder unzureichend geschultes Fremdpersonal. Besonders kritisch sind Bereiche, in denen Gefahrstoffe wie Lithium-Ionen-Batterien, Aerosole oder Chemikalien aufbewahrt werden. Denn bereits kleine Defekte an Batterien können Brände oder Kettenreaktionen auslösen, weshalb hier strenge Vorgaben gelten. Diese sind unter anderem in der TRGS 510 und der DGUV-Information 205-041 festgelegt. Feuerbeständige Abtrennungen, Mindestabstände sowie systemgesteuerte Lösch- und Detektionssysteme sind Pflicht. Automatische Sprinkleranlagen, korrekt geplant und gewartet, können Brände frühzeitig eindämmen. Die DIN EN 12845 legt hierzu die verbindlichen Standards für Planung, Installation und Wartung fest. Ergänzend dazu widmet sich die DIN EN 12845-2 speziellen Wasserlöschsystemen, die über klassische Ausführungen hinausgehen. Im Fokus stehen dabei ESFR- (Early Suppression Fast Response) sowie CMSA-Sprinkler (Control Mode Special Application). Diese Anlagen kommen vor allem in Hochregallagern und Bereichen mit hoher Brandlast zum Einsatz. Durch detaillierte Vorgaben zu Druckverhältnissen, Wasserverteilung und Montageabständen ermöglichen sie einen besonders effektiven Brandschutz. Technik allein reicht jedoch nicht aus: Ergänzend legt ein detaillierter Notfallplan fest, welche Personen in bestimmten Szenarien welche Aufgaben übernehmen. Gerade weil in der Intralogistik regelmäßig viele Akteure aufeinandertreffen – von betriebsinternen Mitarbeitern bis zu Fremdfirmen und Lieferanten –, sind klare, mehrsprachige Anweisungen und visuelle Hinweise sowie regelmäßige Unterweisungen unverzichtbar. Eine wirksame Brandschutzordnung baut auf einem durchdachten Brandschutzkonzept auf, das eng mit der Gefährdungsbeurteilung verzahnt ist und branchenspezifische Vorgaben berücksichtigt. Dazu gehören Wartung sicherheitsrelevanter Anlagen, realistische Evakuierungsübungen und praxisnahe Schulungen.
Sicherheit strategisch verankern
Ob kleines Verteilzentrum, hoch automatisiertes Warehouse oder klassischer Umschlagplatz – die Verantwortung für die Sicherheit liegt immer beim Betreiber der jeweiligen Immobilie. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Brandschutz, der zur Kernaufgabe der Geschäftsführung oder technischen Leitung gehört. Auch wenn die operative Umsetzung an einen Brandschutzbeauftragten übertragen werden kann, bleibt die Sorgfaltspflicht in der Führungsebene. Wesentlich ist nicht nur die Erstellung von Brandschutzkonzepten, sondern deren kontinuierliche Anpassung an Veränderungen in Prozessen, Strukturen oder baulichen Gegebenheiten. Dazu gehören regelmäßig überprüfte Fluchtwege, aktualisierte Beschilderungen und klar kommunizierte Notfallhinweise – sowohl für Mitarbeitende als auch für externe Partner. Ergänzend festigen praxisnahe Schulungen und Übungen das Vorgehen im Ernstfall und verankern Brandschutz als festen Bestandteil intralogistischer Abläufe. Wenn es intern an Know-how oder Kapazitäten fehlt, unterstützen spezialisierte Sicherheitsdienstleister: Sie führen Gefährdungsanalysen durch, etwa für Hochregallager, den Umgang mit Lithium-Ionen-Batterien oder die Lagerung leicht entzündlicher Verpackungen. Auf dieser Basis erstellen oder aktualisieren sie die Brandschutzordnung und entwickeln realitätsnahe Trainingsprogramme für Beschäftigte. Zudem begleiten externe Sicherheitsexperten Zertifizierungen und stellen die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sicher. Für Betreiber bedeutet das nicht nur Rechtssicherheit, sondern mit erfolgreicher Umsetzung auch mehr Resilienz und Stabilität in den Lieferketten – ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit in der Intralogistik.
Quelle / Weitere Informationen: www.sicherheit-service-beratung.de